Bernstein

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begehrtes Gold aus der Ostsee

Danzig, drei Wochen im August - Dominikanermarkt; die Stadt an der Mottlau steht Kopf. Neben Imbiss- und Bierzelten sind es  die unzähligen  Flohmarkt- und Antiquitätenstände , um die sich die Menschen drängen in der Hoffnung, ein  Schnäppchen zu machen. Hauptattraktion freilich auf den Plätzen und in den Gassen der Innenstadt  ist das heißbegehrte “Gold des Nordens”, das die TouristInnen aus nah und fern magisch anzieht - Bernstein, jener sagenumwobene  Schmuckstein, der je nach Alter und Verwitterung in den Farben von fast weiß über alle Gelb-, Orange- und Brauntöne bis hin zu fast dunklem Kirschrot schimmert. Und so wetteifern die HändlerInnen, die eigens für den Dominikaner-markt aus den baltischen Ländern angereist sind, mit traditionellen Halsketten und Armbändern, Anhängern und Ringen mit den erlesenen Kreationen der Danziger BernsteinkünstlerInnen in den edlen Galerien in der Frauengasse oder am Mottlau-Ufer um die Gunst der KäuferInnen.

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“Herzlich willkommen in der Welthauptstadt des Bernstein!” - Mit diesen Worten empfan- gen uns Tadeusz und seine Frau Maria auf dem Flughafen Danzig. Auf der Fahrt zu unserem Hotel erzählen sie uns, dass knapp 20 000 Menschen in Danzig und Umgebung von der Produktion und dem Verkauf von Schmuckstücken aus Bernstein leben. “Unsere Bern- steinkünstler sind einmalig auf der Welt”, sagen sie nicht ohne Stolz, ”Ihr müsst dringend mal im Frühjahr zu uns kommen auf unsere internationale Messe für Bernstein und Schmuck, den Ambermarkt.”  Und sie schwärmen von den Danziger Meisterschaften im Bernsteinsammeln, wenn bei heftigen Winden die Ostsee das kostbare “Gold des Nordens” an Land spült.

Maria weiß, warum nach einem Sturm inmitten von  Schlick und Algen auch Bern - steinstückchen an die Strände geschwemmt werden: Die Menschen hier verdanken dies der Meeresgöttin Jurate, oder war vielleicht der Donnergott Perkunas der Grund für die sonnengoldenen Perlen? Maria ist sich da nicht ganz sicher. Auf jeden Fall steht fest: Jurate verliebte sich eines Tages in einen jungen, gutaussehenden Fischer, und die beiden lebten lange Zeit glücklich in Jurates wunderschönem Bernsteinschloss in den Tiefen des Meeres. Bis - ja bis Perkunas hinter ihr süßes Geheimnis kam. Eine unsterbliche Göttin hatte sich in einen Sterblichen verknallt? Voller Wut schleuderte der Donnergott einen Blitz in das schöne Bernsteinschloss, das in Millionen kleine Bernsteinstückchen zerbrach. Und bei heftigen Winden .... Na, jetzt wissen wir auch, wie’s weitergeht.

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Da nimmt uns Tadeusz sacht beiseite; er hat schon immer Marias Geschichte vom verlieb-ten Fischer angezweifelt . Stattdessen erzählt er uns jetzt seine Wahrheit von der Entstehung des Bernstein: Phaethon, halbwüchsiger Spross des Sonnengottes Helios, wollte einst seinem Vater beweisen, was für ein mutiger Kerl er doch ist. Also besteigt er - gerade als die Nacht sich schlafen legt -  den Sonnenwagen seines Papa, um ihn über das Firmament zu lenken. Doch schnell merken die feurigen Pferde, dass da nicht der Boss die Zügel in Händen hält, sondern  ein Greenhorn sich anmaßt, sie führen zu wollen - sie brennen mit ihm durch und  verlassen die tägliche Route zwischen Himmel und Erde. Ein  unvorstellbares Chaos bricht aus, die Erde geht in Flammen auf, eine ungeheure Feuersbrunst legt ganze Kontinente und Völker in Schutt und Asche. Erst Göttervater Zeus kann dem fürchterlichen Spuk ein Ende bereiten: mit einem seiner gefürchteten Blitze zertrümmert er den Sonnenwagen, Phaethon stürzt sich  zu Tode. Seine Schwestern, die Heliaden, beklagen das Schicksal ihres Bruders und verwünschen die Götter. Die Strafe folgt auf dem Fuß: die Mädchen werden in Pappeln verwandelt. Ihre Tränen aber wurden zu Harz, das sich zu Bernstein verwandelte. Die Bernsteintränen der Schwestern - und jetzt sind wir wieder bei Marias Geschichte -  werden bei heftigen Winden ... Ja, ihr wisst schon, wie’s weitergeht.

Wem sollen wir nun glauben? Maria? Tadeusz? - Wir beschließen, auf eigene Faust hinter das  Geheimnis des Bernstein zu kommen, in der Bernsteinabteilung des Archäologischen Museums und im historischen Turm des ehemaligen Stadtgefängnisses, in dem die Schätze des “Danziger Goldes” heute aufbewahrt werden.

Wir lernen, dass die bedeutendsten Fundstätten des europäischen Bernstein den gesamten Ostseeraum umfassen,  insbesondere die Regionen von Danzig über das russische Kaliningrad (ehemals Königsberg) bis hinauf zu den drei baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland. Dieser Baltische Bernstein also ist vor gut 50 Millionen Jahren aus dem erstarrten Harz der sogenannten Bernsteinkiefer entstanden und somit einige Jährchen älter als es uns die Geschichten von Maria und Tadeusz glauben machen wollen. Klimawandel ist nicht nur heute eine Bedrohung für uns, er war auch damals ein Problem und Schuld daran, dass die Kiefernwälder zunächst versumpften, um dann schließlich  bei weiter steigendem Meeresspiegel überflutet zu werden. Wellen und Strömungen lockerten das Harz aus den Bernsteinkiefern und spülten es in die Ostsee.

Und wir erfahren, dass der Wert des Bernstein erheblich wächst mit den Einschlüssen, die er enthalten kann, den Inklusen, d.h. Millionen Jahre alte Spuren von Pflanzen (Moose und Flechten etwa) und Tieren (z.B. Fliegen, Libellen, Krebse). Sogar eine in Bernstein eingeschlossene Urzeit-Eidechse  können wir bestaunen.

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Aus einer kleinen, in ein Labor umgestalteten Gefängniszelle kommt uns ein harzig-aromatischer Duft entgegen; es riecht nach 1001 Nacht, nach Weihrauch.  Auf dem Boden steht ein kleines Tongefäß mit brennendem Bernstein. Eine helle, stark rußende Flamme verbreitet diesen angenehm aromatischen Rauch. Durch diesen Rauch hindurch sehen wir auf Regalen kleine Fläschchen und Flakons aufgereiht, die auf die Nutzung des Bernsteins als Medizin hinweisen. Und wir lernen aus den Hinweistafeln, dass schon die Menschen der Antike um die heilende Kraft des Bernstein wussten. Als “Sonnenstein” verehrt, soll er die Sonne in unser Herz lenken, unser Gemüt erhellen, unsere Kreativität fördern. Kleine Armbändchen sollen Babies das Zahnen erleichtern; Bernsteinketten sollen bei Asthma und Rheuma helfen. Auch die Alten wussten, dass Glauben Berge versetzen kann.

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Ausschnitt aus einer Figurengruppe eines Danziger Bernsteinschnitzers

Bei den Touristenströmen auf dem Dominikanermarkt hatten die FremdenführerInnen Hochkonjunktur. Und wie zufällig wurde in die meisten Stadtführungen ein 10-Minuten-Shopping in einer der vornehmen Bernsteinboutiquen eingeplant. Nie die Uhr aus den Augen lassend und immer die Schmuckwaage* samt Taschenrechner einsatzbereit, beantworteten die Verkäuferinnen scheinbar geduldig die Fragen der noch zu überzeugenden Kundinnen  : Ja, Rohbernstein und Naturbernstein sind beides unveränderte Naturprodukte; Naturbernstein ist im Unterschied zu Rohbernstein geschliffen und poliert, aber Struktur und Farbe sind nicht verändert. Nein, Pressbernstein ist nicht der natürlich vor Millionen von Jahren entstandene Bernstein; er ist vielmehr ein Produkt aus kleinen Bernsteinbröckchen und Schleifresten, die unter Erwärmung und starkem Druck neu zusammengepresst werden.   Selbstverständlich, Pressbernstein ist preiswerter, wird aber in unserer Galerie nicht angeboten.

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Woran Sie echten Bernstein erkennen können?

Durch Reiben in trockener Luft lädt er sich auf und zieht Wollfusel oder Papierschnipsel an.

Sie können ihn aber auch in stark salzhaltiges Wasser legen. Geht er unter, hat man Ihnen eine Fälschung angedreht. Wenn er schwimmt, haben Sie echten Bernstein gekauft.

* Auch die HändlerInnen auf dem Dominikanermarkt haben den Bernsteim immer gewogen. Die Preisspanne lag je nach Farbe und Beschaffenheit zwischen 1.-€ und bis zu 3.-€ für das Gramm. In den Boutiquen war der Preis pro Gramm meist jenseits der 3.-€.

August 2007

 

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